Einführung zu den Infoblättern "Dolmetschen und Vermittlung"

In unseren Infoblättern möchten wir Sie rund um das Thema Gebärdensprachdolmetschen informieren. Unter anderem geht es in den Texten um folgende Themen:

Wie laufen Gespräche mit Dolmetschenden ab, wie können Sie einen Dolmetscher oder eine Dolmetscherin bekommen und was ist in einem Gespräch mit Verdolmetschung zu beachten.

Einige Abschnitte richten sich speziell an Hörende, die im Umgang mit Gehörlosen und Gebärdensprachdolmetschenden keine Erfahrung haben. Andere richten sich vor allem an Gehörlose und schliesslich gibt es Abschnitte für alle, welche Vermittlungsdienste nutzen und mehr darüber erfahren möchten. Wählen Sie die Abschnitte aus, die für Sie wichtig und interessant sind.

Weiss: Informationen für Gehörlose und Hörende

Dunkelgrau: Informationen speziell für Hörende

Hellgrau: Informationen speziell für Gehörlose

Themenübersicht

Hier finden Sie die vollständige Themenübersicht:

  1. Gebärdensprache und Gehörlosenkultur
  2. Kommunikation mit und ohne Dolmetscher/in
  3. Kommunikation am Arbeitsplatz mit und ohne Dolmetschdienst
  4. Anrecht auf Verdolmetschung – Das Behindertengleichstellungsgesetz
  5. Finanzierung von Dolmetschdiensten
  6. Dolmetschdienste bestellen
    • Notfalldolmetscher/in bestellen
  1. Ehrenkodex der Dolmetscher/innen
  2. Punkte, die bei einem Gespräch mit Verdolmetschung zu beachten sind:
    • Sitzordnung
    • Rolle der dolmetschenden Person
    • Blickkontakt
  1. Vorbereitung auf Gespräche oder Anlässe mit Dolmetschenden
  2. Gespräche mit fremdsprachigen Gehörlosen – Kulturvermittlung
    • Rolle der Kulturvermittler/innen
    • Kommunikation zwischen Kulturvermittler/in und gehörloser Person
    • Verschiedene Sitzordnungen
  1. Kommunikation mit Gehörlosen über Vermittlungsdienste:
    • Videotelefonvermittlung – Videocom
    • Textvermittlung
  2. Zur Tätigkeit der Dolmetschens – der Dolmetschberuf
  3. Der Kurs «Handlungsfeld Dolmetschen und Vermittlung»

1. Gebärdensprache und Gehörlosenkultur

Die Gebärdensprache ist die Muttersprache der meisten Gehörlosen. Sie ist eine vollwertige Sprache, die inzwischen linguistisch erforscht und gesetzlich anerkannt ist. Genauso wie in den gesprochenen Sprachen kann man sich in den Gebärdensprachen differenziert ausdrücken.

Da Gebärdensprachen natürliche Sprachen sind, die in den Gemeinschaften der Menschen, die sie nutzen, entstehen und sich entwickeln, haben verschiedene Länder und Regionen unterschiedliche Gebärdensprachen. In der Schweiz gibt es 3 Gebärdensprachen: die Deutschschweizer Gebärdensprache, die Italienische Gebärdensprache und die Französische Gebärdensprache. Mit der Gebärdensprache haben Gehörlose Zugang zu allen Informationen, gleich wie Hörende. Ohne Gebärdensprache ist der Zugang zu Informationen mit vielen Hindernissen verbunden. Während Hörende ihre jeweilige Landessprache automatisch in der Kindheit lernen und die Schritte vom Hören der Sprache, zum Lesen und Schreiben klein sind, ist lesen, schreiben und sprechen lernen für Gehörlose mit grossem Aufwand verbunden. Diese Kompetenzen erfordern sehr viel mehr Training, Aufwand und Mühe. Deutsch bleibt für Gehörlose immer eine Fremdsprache. Aus diesem Grund sind die Deutschkompetenzen der Gehörlosen sehr unterschiedlich. Das Verstehen von schriftlichen Informationen ist bei Gehörlosen also keine Selbstverständlichkeit.

Es gibt vereinzelt auch Gehörlose, die nicht gebärden können, da sie die Gebärdensprache nicht von den Eltern gelernt haben und sie in der Schule und auch sonst keinen Kontakt mit Menschen haben, von denen sie die Sprache hätten lernen können.

2. Kommunikation mit und ohne Dolmetschende

In einem Gespräch mit Dolmetscher/in können Sie ganz normal wie sonst auch sprechen, entweder Dialekt oder Hochdeutsch, das spielt keine Rolle, da die Dolmetschenden alles in die Deutschschweizer Gebärdensprache dolmetschen.

Haben Sie ein Gespräch ohne Dolmetscher/in,gilt es einiges zu beachten:

Einige Gehörlose sprechen mit Stimme, andere benutzen keine Stimme, einige sprechen deutlich, wieder andere sind schwerer zu verstehenund einige können von den Lippen ablesen, andere nicht.

Für die Kommunikation brauchen Sie immer direkten Blickkontakt und gute Lichtverhältnisse, so dass Sie gut von vorne gesehen werden. Falls die Kommunikation nicht klappt, können Sie es auch mit Papier und Stift probieren, Sie können Dinge zeigen oder vormachen. Am Anfang braucht es mehr Zeit, doch werden Sie sich an eine andere Form der Kommunikation gewöhnen und auch daran, wie die gehörlose Person spricht.

Von den Lippen ablesen

Das Lippenlesen ist eine hohe Kunst. Nur etwa 30% des Gesagten kann wirklich von den Lippen abgelesen werden. Für den Rest muss kombiniert, abgeleitet und geraten werden. Wie gut eine Person in einer bestimmten Situation ablesen kann, hängt von verschiedenen Faktoren ab.

Dabei sollten Sie Folgendes beachten: Sprechen Sie deutlich Hochdeutsch in einfachen kurzen Sätzen. Achten Sie darauf, dass Sie beim Sprechen genügend Abstand zu der gehörlosen Person haben, damit sie alles gut sehen kann und dadurch gut vom Mund ablesen kann. Stellen Sie zuerst sicher, dass Ihr Gegenüber weiss, über welches Thema Sie sprechen. Dafür kann es auch helfen, wenn Sie auf etwas zeigen, das zum Thema gehört.  Niemand kann gleichzeitig an zwei Orte  schauen. Wenn Sie etwas zeigen wollen und dazu etwas erklären möchten, zeigen Sie es vorher oder danach, nicht gleichzeitig.   

Auch wenn Sie die gehörlose Person gut verstehen, heisst es noch nicht, dass es umgekehrt genauso ist. Fragen Sie nach, um zu sehen, ob Sie richtig verstanden wurden. Von den Lippen ablesen erfordert sehr viel Konzentration. Es kann deswegen sehr erschöpfend sein, lange von den Lippen abzulesen. Achten Sie darauf, dass Gespräche nicht zu lang und anstrengend werden.  

Bei wichtigen Gesprächen ist es vorteilhaft, eine/n Dolmetscher/in heranzuziehen, da Sie so vertiefter Dinge besprechen können und es die Gesprächsqualität erhöht. 

3. Kommunikation am Arbeitsplatz mit oder ohne Dolmetschdienst

Im normalen Arbeitsalltag braucht es keine Dolmetscher/innen. Die Kommunikation läuft schriftlich oder mündlich, oft durch das Ablesen vom Mund.

Um Aufträge klar zu vermitteln, können Sie Stifte und Papier benutzen, Bilder auf dem Handy zu Hilfe holen oder einfach zeigen, was gemacht werden muss.

Auf diese Weise kann sich die gehörlose Person ein Bild davon machen. Es ist wichtig, dass Sie den gehörlosen Personen die Arbeitsaufträge klar erklären, bevor die Arbeit startet, so dass sie danach ungestört loslegen können. Gehörlose Menschen arbeiten oft besonders konzentriert, da sie keine Ablenkung durch Nebengespräche haben. Hinzu kommt, dass sie visuell geschult sind und sich Vorgemachtes schnell merken und nachmachen können.

Für die 1:1-Kommunikation findet man immer einen Weg, wenn das Thema nicht zu kompliziert ist. Anders ist es in Gruppensituationen. Zum Beispiel bei Sitzungen oder Infoveranstaltungen ist es wichtig, dass ein/e Dolmetscher/in übersetzt, damit der gehörlosen Person keine wichtigen Informationen entgehen. Es kann hilfreich sein, wenn Sie Sitzungsprotokolle zur Verfügung stellen.

Auch für ausführliche Gespräche (Mitarbeiter- oder Vorstellungsgespräche oder Einführungen in neue Arbeitsprozesse) sollten Dolmetschende eingesetzt werden. Auf diese Weise können Sie wichtige Themen im Detail besprechen und Missverständnisse vermeiden. Die Gebärdensprachdolmetschenden unterstehen der Schweigepflicht.

4. Anrecht auf Verdolmetschen - BEHIG

In vielen Situationen ist es äusserst sinnvoll und oft unerlässlich, dass Gehörlose Dolmetschende haben. Die Finanzierung erfolgt auf verschiedenen Wegen. Je nach Einsatz sind unterschiedliche Stellen dafür verantwortlich, meistens ist es entweder die IV oder es sind staatliche Institutionen.

In der Bundesverfassung heisst es, dass Diskriminierung aufgrund einer Behinderung verboten ist. Seit 2004 ist das Behindertengleichstellungsgesetz mit der dazugehörigen Verordnung in Kraft. Diese Gesetze haben zur Folge, dass Dienstleistungen des Gemeinwesens auch für Gehörlose barrierefrei zugänglich sein müssen. Gehörlose haben somit das Recht, sich in Gebärdensprache an diese Stellen zu wenden und Informationen in Gebärdensprache zu bekommen. Das heisst, dass Institutionen wie Spitäler, Schulen, Ämter, Polizei etc. im Kontakt mit Gehörlosen für die Dolmetschkosten aufkommen müssen.

Mehr zu den Gesetzesartikeln siehe letzte Seite.

5. Finanzierung der Dolmetschdienste

Wie im Abschnitt zum Behindertengleichstellungsgesetz erklärt, werden Dolmetscheinsätze bei staatlichen Stellen von diesen selbst finanziert.

Andere Dolmetscheinsätze werden von der IV finanziert. Schweizer Bürger sind grundsätzlich IV-berechtigt. Wer IV-berechtigt ist, hat Anspruch auf verschiedene Hilfsmittel, z.B. auf Hörgeräte, Blinkanlagen oder auf Gebärdensprachdometscher/innen für spezifische Anlässe. Viele Dolmetscheinsätzewerden deswegen von der IV bezahlt.

Dolmetscheinsätze am Arbeitsplatz

Wie im Abschnitt zum Behindertengleichstellungsgesetz erklärt, werden Dolmetscheinsätze bei staatlichen Stellen von diesen selbst finanziert.

Andere Dolmetscheinsätze werden von der IV finanziert. Schweizer Bürger sind grundsätzlich IV-berechtigt. Wer IV-berechtigt ist, hat Anspruch auf verschiedene Hilfsmittel, z.B. auf Hörgeräte, Blinkanlagen oder auf Gebärdensprachdometscher/innen für spezifische Anlässe. Viele Dolmetscheinsätzewerden deswegen von der IV bezahlt.

Dolmetscheinsätze für berufliche Aus- oder Weiterbildung

IV-Berechtigte können für Kurse, Aus- und Weiterbildungen eine IV-Verfügung beantragen. Da die Abklärungen Zeit in Anspruch nehmen, muss der Dolmetschdienst zwei bis drei Monate vor Kursbeginn beantragt werden. (IV-Verfügung Art. 16)

Medizinische Untersuchungen

werden für IV-Berechtigte auch durch die IV finanziert.

Private Anlässe

Die Dolmetschdienste für private Anlässe (Hochzeiten, Jubiläen, Familienfeste, persönliche Weiterbildungen,…) sind für IV-berechtigte Gehörlose in der Regel kostenlos. Da die Dolmetschvermittlung Procom von der IV einen beschränkten Betrag für diese Dolmetscheinsätze bekommt, muss sie mit diesem Geld gut haushalten. Deswegen kann es sein, dass Procom nicht alle Einsätze vermitteln kann, weil unter Umständen nicht genug Geld zur Verfügung steht.

IV-Berechtigung für Migrant/innen

Ob Migrant/innen IV berechtigt sind, hängt von vielen unterschiedlichen Faktoren ab. Die Abkommen, welche die IV der Schweiz mit den verschiedenen anderen Ländern hat, sind sehr unterschiedlich. Dies muss jeweils im Einzelfall abgeklärt werden.

Auch wenn Migranten und Migrantinnen nicht IV berechtigt sind, haben sie Anrecht auf Verdolmetschungen bei Institutionen des Gemeinwesens.

Weitere Informationen finden Sie unter: www.procom-deaf.ch/de/Besteller-Infos.aspx

6. Dolmetschdienste bestellen

Institutionen des Gemeinwesens (Spitäler, RAV, Sozialdienste, Schulen, etc.) müssen die Dolmetschdienste selbst bestellen. Bei anderen Anlässen spielt es keine Rolle, wer bestellt. Einen Dolmetschdienst können Sie einfach über die Homepage der Vermittlungsagentur Procom bestellen:

https://www.procom-deaf.ch/de/Default.aspx.

Dort finden Sie unter Dolmetschdienst das Bestellformular. Das Formular ist einfach auszufüllen. Wenn Sie Fragen haben, können Sie sich im Procom-Sekretariat melden. Die Telefonnummer finden Sie unter «Kontakt».

Es ist gut, wenn Sie den Dolmetschdienst so frühzeitig wie möglich bestellen. Nach Möglichkeit mindestens zwei Wochen im Voraus. Sie können auch kurzfristig Dolmetschdienste bestellen, allerdings ist die Chance dann kleiner, dass Sie eine/n Dolmetscher/in bekommen. Denn möglicherweise sind dann bereits alle ausgebucht.

Notfalldolmetschdienst bestellen

Für Notfälle gibt es bei Procom die Möglichkeit, auch ausserhalb der Bürozeiten Dolmetschende zu bestellen. Diese Dienstleistung soll jedoch nur bei wirklichen Notfällen genutzt werden, zum Beispiel bei einer Spitaleinweisung oder einem Unfall.

Unter diesen Nummern können Sie einen Dolmetschdienst für den Notfall bestellen
(24-Stunden Betrieb):

Gehörlose / Schwerhörige 

SMS: 079 702 01 00
Internet: https://relais.procom-deaf.ch/text/#/
Schreibtelefon: 0844 850 890

Hörende

SMS: 079 702 01 00
Tel: 0844 844 071

Notfälle

Notfalldolmetschende können nicht über Videocom bestellt werden. Für einen Notfalldolmetschdienst schicken Sie Ihre Nachricht  entweder über SMS oder über myMMX oder die Homepage von Procom. Der Notfallvermittlungsdienst hat 24-Stunden-Betrieb.

Per SMS: 079 702 01 00
oder per Internet: https://relais.procom-deaf.ch/text/#/
oder per Schreibtelefon: 0844 850 890.

Auch Notfälle, bei denen Sie keinen Dolmetschdienst brauchen, können Sie über die gleichen Nummern melden. Auch über myMMX können Sie bei der Polizei, Ambulanz etc. Notfälle wie zum Beispiel Unfälle oder Einbrüche melden. Dolmetscher/innen können Sie über myMMX nicht bestellen.

In der Nachricht an den Notfalldienst vermerken Sie  zuerst:

Notfall

Dann benutzen Sie das Meldeschema und schreiben alle wichtigen Informationen hinein:

  • Wer?
  • Was?
  • Wo?
  • Wann?
  • Wie viele Personen?

Weitere Informationen zum Thema: https://www.procom-deaf.ch/de/Notfall-Dolmetschdienst.aspx

7. Der Ehrenkodex

Die Dolmetschenden haben für Ihren Beruf einen Ehrenkodex, nach dem sie sich verhalten müssen. Der Ehrenkodex umfasst die folgenden Punkte:

  • Verschwiegenheit
  • Unparteilichkeit
  • Übersetzungsgenauigkeit
  • Pünktlichkeit
  • Bescheidenheit und Unauffälligkeit
  • Vorbereitung und Weiterbildung

Detaillierte Informationen finden Sie unter:

www.procom-deaf.ch/de/Ehrenkodex.aspx

8. Punkte, die bei einem Gespräch mit Verdolmetschung zu beachten sind

Es gibt einige Dinge, die zu einem gelingenden Gespräch mit Verdolmetschung beitragen. Wichtig ist, dass sich alle der Rolle der Dolmetschenden bewusst sind. Die Dolmetschenden fungieren als Sprachrohr zwischen den Gesprächspartnern. Sie erklären und ergänzen nicht.

Beziehen Sie die Dolmetschenden deshalb nicht in Gespräche und Diskussionen mit ein. Im Ehrenkodex ist festgehalten, dass sie sich unparteiisch und neutral verhalten müssen.  

Blickkontakt

Wenn Gespräche mit Gebärdensprachdolmetscher/in für Sie neu sind, wird es für Sie zunächst ungewohnt sein, dass Ihr gehörloses Gegenüber zur dolmetschenden Person schaut, um Sie zu verstehen, wenn Sie reden. Daran werden Sie sich schnell gewöhnen. Sprechen Sie trotzdem direkt zur gehörlosen Person, nicht zur Dolmetscherin. Die Dolmetschenden dolmetschen nur, was Sie sagen oder sagen das, was die gehörlose Person gebärdet.

Blickkontakt

Achten Sie darauf, dass Sie beim Gebärden vor allem Ihr hörendes Gegenüber anschauen und nicht Ihre/n Dolmetscher/in. Ihr/e Gesprächspartner/in kann sich ausgeschlossen fühlen, wenn Sie nur zu den Dolmetschenden schauen.

Sitzpositionen

Dolmetschende sollten grundsätzlich den gehörlosen Personen gegenübersitzen. Am besten ist es, wenn die Dometscher/innen in der Nähe oder an der Seite der sprechenden Person sind. Auf diese Weise hat die gehörlose Person sowohl Dolmetscher/in als auch die Sprechenden im Blickfeld.

Werden PowerPoint Präsentationen oder Filme gezeigt, ist es vorteilhaft, wenn Dolmetscher/innen eine Sitz- oder Stehposition haben, bei der die gehörlose Person Präsentation und Dolmetscher/in gleichzeitig im Blickfeld hat.

Sitzposition

Kommen Sie bei einer grösseren Veranstaltung ein bisschen früher, um für sich und die Dolmetscher/innen vorne gute Plätze zu reservieren. Achten Sie darauf, dass die Dolmetschenden einen Platz haben, von wo sie alles gut hören können.

Lichtverhältnisse

Helle Lichtverhältnisse sind sehr hilfreich, damit die Kommunikation angenehm verläuft. Vermeiden Sie es, dass die dolmetschenden oder gehörlosen Personen vor einer starken Lichtquelle sitzen. Helles Licht von hinten hat zur Folge, dass das Gesicht der gebärdenden Person nicht mehr klar erkennbar ist.

Weitere Punkte, die zu beachten sind

  • Ein/e Dolmetscher/in kann nur eine Person gleichzeitig dolmetschen. Wird durcheinander gesprochen, ist es akustisch und inhaltlich fast unmöglich, gut zu dolmetschen.
  • Klare Formulierungen verbessern die Qualität der Verdolmetschung.
  • Dolmetschen erfordert hohe Konzentration. Bei einem längeren Einsatz ist es wichtig, Pausen einzuplanen, damit die Dolmetschqualität erhalten bleibt.

9. Vorbereitung auf ein Gespräch mit Dolmetscher/in

Ein/e Dolmetscher/in kann besser dolmetschen, wenn sie vorbereitet ist.

Folgende Informationen sind für die Dolmetschenden nützlich:

  • Welche Personen sind bei dem Einsatz anwesend?
  • Was ist Ziel und Inhalt des Anlasses?
  • Was ging dem Anlass voraus?
  • Bei Sitzungen helfen Traktandenlisten.
  • Bei Infoveranstaltungen oder Weiterbildungen sind PowerPoint Präsentationen und ähnliche Informationen nützlich.
  • Überlegen Sie, ob es bei dem Anlass Fachwörter oder Gebärdennamen gibt, welche die Dolmetschenden kennen sollten.

10. Kulturvermittlung

Da Gebärdensprache nicht international ist, kann es bei fremdsprachigen Gehörlosen vorkommen, dass sie die Gebärdensprachdolmetscher/innen nicht verstehen und die Dolmetschenden die Gehörlosen nicht verstehen. In erster Linie liegt das an den verschiedenen Gebärdensprachen.

Zusätzlich kann es damit zusammenhängen, dass die fremdsprachigen Gehörlosen aus einer völlig anderen Kultur kommen und ihnen unser System und folglich die Inhalte der Gespräche sehr fremd sind. In diesen Situationen kann es äusserst sinnvoll sein, eine Kulturvermittlung heranzuziehen. Kulturvermittler/innen sind selbst gehörlos und bringen viel Erfahrung mit Menschen aus anderen Kulturen mit. Sie haben ein grosses Repertoire an Möglichkeiten und Fähigkeiten, Inhalte visuell zu vermitteln. Sie passen sich dem Gegenüber sprachlich an und suchen die Kommunikationsform, die am besten klappt. Sie übermitteln die Inhalte, indem sie viel be- und umschreiben und paraphrasieren. Es wird ausserdem viel mit Gestik und Visualisierung gearbeitet.

Es können auch Gegenstände und Bilder gezeigt oder Zeichnungen gemacht werden.

In einem Setting mit Kulturvermittler/in dolmetscht die Dolmetscherin alles, was gesprochen wird, in Deutschschweizer Gebärdensprache und die Kulturvermittlerin vermittelt es der fremdsprachigen Person. Umgekehrt gebärdet die fremdsprachige Person und wird von der Kulturvermittlerin in Deutschschweizer Gebärdensprache gedolmetscht, was die Gebärdensprachdolmetscherin wiederum in die Lautsprache übersetzt.

Es gibt 2 Arten der Kulturvermittlung:

  1. Die Kulturvermittlung dolmetscht durchgängig alles, was der/die Dolmetscher/in dolmetscht. Hier sitzt die Kulturvermittlung am besten gegenüber der gehörlosen Person.
  2. Die Kulturvermittlung unterstützt, wenn der/die Gehörlose nicht versteht. Das heisst, dass die Kulturvermittlung jederzeit bereit ist, etwas nochmal zu erklären oder zu wiederholen. Hier muss die fremdsprachige gehörlose Person auch den/ die Dolmetscher/in gut sehen können. In diesem Fall sitzt der/die Dolmetscher/in gegenüber und die Kulturvermittlung neben der gehörlosen Person.

Sicherlich ist dies ein aufwendiges Setting, es kann aber bei bestimmten Gesprächen sehr sinnvoll sein, damit die wichtigen Informationen auf beiden Seiten ankommen. Auf diese Weise können Missverständnisse mit negativen Folgen und möglicherweise Mehrkosten vermieden werden.

Sie können die Kulturvermittlung bei DIMA bestellen:

kulturvermittlung@dima-glz.ch

11. Kommunikation mit Gehörlosen über Vermittlungsdienste

Procom bietet zwei verschiedene Telefonvermittlungsdienste an:

  • Textvermittlung
  • Videotelefonvermittlung – Videocom

Die Textvermittlung

Durch die Textvermittlung können Gehörlose und Hörende miteinander telefonieren. Die gehörlose Person schreibt und die hörende Person spricht. Der Vermittlungsdienst, der dafür angerufen wird, liest vor, was die gehörlose Person schreibt und schreibt, was die hörende Person sagt.

Über das Schreibtelefon, myMMX, den Internetzugang oder das Telefon wird die Vermittlung kontaktiert, die dann die Verbindung zwischen den Gesprächspartner/innen herstellt. Die Vermittler/innen stehen unter strenger Schweigepflicht.

Auch Hörende können so gehörlose Personen anrufen, wenn diese die APP myMMX aktiviert haben und online sind oder wenn sie ein Schreibtelefon haben.

Die Textvermittlung hat 7 Tage pro Woche 24 Stunden geöffnet.

Für Gehörlose und Schwerhörige: myMMX oder 0844 844 081

Für Hörende: 0844 844 071

Textvermittlung

Die Textvermittlung können Sie für viele Situationen des Alltags nutzen. Sie können Termine vereinbaren/verschieben, Informationen erfragen, etwas bestellen und vieles mehr.

Um mit einer hörenden Person zu telefonieren, wählen Sie die Textvermittlung an, entweder über die Procom Homepage, Ihr myMMX oder das Schreibtelefon: 0844 844 081.

  1. Nennen Sie Ihren Namen
  2. Nennen Sie den Namen und die Telefonnummer der Person, die Sie anrufen wollen.
  3. Informieren Sie kurz, worum es geht.
  4. Die Vermittlung wählt die Nummer der Person, mit der Sie sprechen wollen, und das Telefongespräch geht los.

Setzen Sie zwei Sterne** an das Ende Ihres Sprechbeitrags. Dann weiss die Textvermittlung, dass Ihr Satz fertig ist und die hörende Person dran ist. Ebenfalls benutzt die Textvermittlung zwei Sternen ** wenn die hörende Person fertig gesprochen hat. Vier Sternen ****  zeigen, dass das Telefonat beendet ist.

12. Videotelefonvermittlung

Die Videotelefonvermittlung, Videocom genannt, ist auch ein guter Weg, einfach miteinander zu telefonieren. Die gehörlose oder die hörende Person ruft bei der Videocom an und die Dolmetscher/innen bei der Videocom dolmetschen das gesprochene Wort der hörenden Person in die Gebärdensprache und umgekehrt.

Die gehörlose Person sieht den/die Dolmetscher/in am eigenen Bildschirm und der/die Dolmetscher/in sieht die gehörlose Person auch auf dem Bildschirm. Auf der anderen Seite hören sich dolmetschende und hörende Person über das Telefon.

Öffnungszeiten Videocom:

Mo-Fr: 8:00-21:00Uhr

Wochenende: 10:00-17:00Uhr

Telefonnummer Videocom für Hörende und Gehörlose: 

055 511 00 11

oder App myMMX

oder Homepage Procom

 

Link videocom:

http://www.procom-deaf.ch/de/Projekt-Video-Vermittlung.aspx

 

Die Videocom können Sie für viele Situationen des Alltags nutzen:

Termine vereinbaren/absagen, telefonische Beratungen, etwas bestellen und vieles mehr.

So gehen sie vor:

Installieren Sie die myMMX App auf ihrem Smartphone und melden Sie sich an.

 

Haben Sie das Login bekommen, können Sie zu den Öffnungszeiten der Videocom jederzeit telefonieren.

Das sollten Sie bedenken:

  • Suchen Sie sich einen ruhigen Platz mit guter Internetverbindung und genug Licht. Schauen Sie, dass der/die Dolmetscher/in Sie auf dem Bildschirm gut sehen kann.
  • Legen Sie Papier und Stift bereit, manchmal hilft es, etwas aufzuschreiben. Vielleicht brauchen Sie Dokumente, z.B. Versicherungsnummer, für ein Gespräch. Legen Sie diese bereit.

Ablauf

  1. Verbindung zur Videocom herstellen.
  2. Dolmetscher/in vorbereiten: Wen rufen Sie an, Name und Nummer geben. Kurze Info, worum es im Gespräch geht.
  3. Dolmetscher/in wählt die Nummer.
  4. Wenn die Person das Telefon abnimmt, kann das Gespräch beginnen.

13. Der Kurs "Handlungsfeld Dolmetschen und Vermittlung"

DIMA bietet den Kurs «Handlungsfeld Dolmetschen und Vermittlung» an. Im Kurs wird ein guter Umgang mit allen Dienstleistungen im Bereich Dolmetschen und Vermittlung geschult.

Zielgruppe:

  • Junge und alte erwachsene Gehörlose, die mit dem Ablauf beim Dolmetschen, dem Umgang mit Gebärdensprachdolmetschenden und mit weiteren Vermittlungsdiensten nicht vertraut sind
  • Gehörlose Migrant/innen, die sich nicht gut mit dem gesellschaftlichen System der Schweiz auskennen und wenig Deutschkenntnisse haben

Inhalte:

Der Kurs setzt sich aus Paketen zusammen:

Paket 1

  • Dienstleistungen der Firma Procom kennen lernen
  • Dolmetschdienst
  • Videocom
  • Textvermittlung
  • Finanzierung von Dolmetscheinsätzen: Wann hat man Recht auf einen Dolmetschdienst und wann nicht?

Paket 2

  • Dolmetscher/innen bestellen: Wie macht man das? Wortschatz im Zusammenhang mit dem Bestellen
  • Notfalldolmetscher/innen bestellen: Wie geht das? Welche Informationen muss ich bereit haben und geben?

Paket 3

  • Der Ehrenkodex der Dolmetscher/innen: Nach welchen Regeln verhalten sich Dolmetscher/innen?

Paket 4

  • Verhalten mit Dolmetscher/innen: Was soll man beachten bei einem Gespräch mit Dolmetscher/in?
  • Sitzordnung mit Dolmetscher/innen: Worauf sollte man bei den Sitzpositionen achten?
  • Vorbereitung auf Gespräche mit Dolmetscher/innen: Woran sollte ich denken, damit das Gespräch gut läuft und wie kann ich die Dolmetschenden vorbereiten?Was ist bei einem Vorstellungsgespräch mit Dolmetschenden zu bedenken?

Paket 5

  • Kulturvermittlung: Was ist das?
  • Rolle der Kulturvermittlung
  • Sitzordnung mit Kulturvermittlung
  • Verhalten mit Kulturvermittlung

Paket 6

  • Telefonieren mit Videocom, die App einrichten, damit ich telefonieren kann.
    Ein Telefongespräch vorbereiten: Worauf soll ich beim Gespräch achten? Telefonkultur kennen lernen, telefonieren üben.
  • Wie funktioniert die Textvermittlung?

Paket 7

  • Evaluation: Die Inhalte der verschiedenen Pakete werden getestet und wiederholt.

Methode:

Der Unterricht beinhaltet viel praktisches Üben, Austauschen und Rollenspiele. Zum Verdeutlichen wird visuelles Unterrichtsmaterial eingesetzt. Filme von Dolmetscheinsätzen regen zum Überlegen und Austauschen an.

Kursort:

Der Kurs kann bei DIMA besucht werden oder er kann in Ihrer Institution vor Ort unterrichtet werden.

Durchführungsmodalitäten:

Der Kurs kann als Ganzes durchgeführt werden oder Sie können einzelne Pakete zu bestimmten Themenbereichen buchen, bei denen Sie in Ihrer Institution Weiterbildungsbedarf sehen.

Der Kurs kann auf unterschiedlichen Niveaustufen durchgeführt werden. Wir haben viel Unterrichtsmaterial für Menschen mit minimalen Deutschkenntnissen und wenig Kenntnissen der gesellschaftlichen Strukturen in der Schweiz. Auf einer anderen Niveaustufe wird von Grundkenntnissen der Schweizer Gesellschaft und der deutschen Sprache ausgegangen. Wir passen uns dem Wissensstand der jeweiligen Kursteilnehmenden an.

Nehmen Sie Kontakt mit uns auf, damit wir einen passenden Kurs für Sie organisieren und durchführen können:

info@dima-glz.ch

* Erklärung BehiG

In Artikel 8 Abschnitt 4 der Bundesverfassung heisst es, dass jegliche Diskriminierung aufgrund einer Behinderung verboten ist. Seit 2004 ist das Behindertengleichstellungsgesetz mit der dazugehörigen Verordnung (BehiV; SR 151.31) in Kraft. Dieses Gesetz hat den Zweck zu verhindern, dass Personen mit Behinderung benachteiligt werden.

Das Behindertengleichstellungsgesetz hat Auswirkungen unter anderem auf Dienstleistungen des Gemeinwesen, die alle beanspruchen können (Art.3 lit.e BehiG).

Folge des Gesetzes ist es, dass Bund, Kantone und Gemeinden ihre Dienstleistungen den    Bedürfnissen von Menschen mit Behinderungen anpassen müssen.

Wenn also hörbehinderte Personen Dolmetscher/innen brauchen, um eine staatliche Dienstleistung in Anspruch zu nehmen, ist der Staat dazu verpflichtet, dafür aufzukommen.

Mit dem Artikel 14 BehiG verpflichtet der Bund die Behörden im Kontakt mit Hörbehinderten Rücksicht auf deren Anliegen zu nehmen. Die Behörden, Schulen oder Spitäler müssen sicherstellen, dass Vorkehrungen getroffen werden, damit die Kommunikation funktioniert. Demzufolge haben hörbehinderte Personen das Recht, sich in Gebärdensprache an die Behörden zu wenden und Informationen in Gebärdensprache zu bekommen.

Lehnen es die staatlichen Institutionen ab, einen Dolmetschdienst zu bestellen, kann dagegen geklagt werden, da eine verbotene Benachteiligung vorliegt. Die Dolmetschvermittlung Procom verrechnet die Dolmetscheinsätze aufgrund dieses Gesetzes den betroffenen Stellen voll.

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